Als standardisiertes Bewertungsverfahren von Immobilien kommt das Vergleichswertverfahren vor allem bei Zwangsversteigerungen zum Einsatz. Es zieht den Marktwert bzw. Verkehrswert vergleichbarer Objekte oder Grundstücke zur Wertermittlung heran. Wenn reale Kaufpreise zugrunde gelegt werden Umlaut, ist das Vergleichswertverfahren eine relativ präzise Ermittlungsmethode. Wo Vergleichsparameter fehlen, liefern hingegen das Ertragswert- und Sachwertverfahren zuverlässigere Ergebnisse. Man unterscheidet zwischen dem direkten und dem indirekten Vergleichswertverfahren. Zur Anwendung kommt diese Berechnungsmethode vor allem bei privat genutztem Wohnraum. Im Folgenden erfahren Sie mehr über das Vergleichswertverfahren und seine Anwendung bei Immobilienversteigerungen.
Wie funktioniert das Vergleichswertverfahren?
Nach § 15 ImmoWertV ist das Vergleichswertverfahren eine zulässige Methode der Wertermittlung von selbst genutzten Grundstücken und Immobilien. Das Verfahren beruht auf konkreten Werten von Immobilienverkäufen, bezieht also das Marktgeschehen ein. Es ist eine gute Grundlage für den bei einem Verkauf benötigten Verkehrswert. Die erforderlichen Daten über Marktpreise liefen in der Regel Gutachterausschüsse. Da sich diese Daten laufend ändern und die Berechnung kompliziert ausfallen kann, wird empfohlen die Anwendung des Vergleichswertverfahrens Fachleuten zu überlassen, die über Erfahrung und Marktkenntnis verfügen.
Das direkte Vergleichswertverfahren
Neben dem Sachwertverfahren und dem Ertragswertverfahren kommt das direkte Vergleichswertverfahren besonders häufig für die Wertermittlung bei einer Versteigerung von Immobilien und Bauland zum Einsatz. Die Voraussetzung ist, dass die Kaufpreise vergleichbarer Immobilien in derselben Region bekannt sind. Wichtig ist, dass diese Vergleichsobjekte ähnliche Merkmale bezüglich Lage, Zustand und Größe aufweisen. Auch auf die zeitliche Nähe zwischen Wertermittlung und Vergleichsverkäufen kommt es an. Zum Beispiel kann der Wert eines kürzlich verkauften benachbarten Grundstücks herangezogen werden.
Das indirekte Vergleichswertverfahren
Wenn es keine direkten Vergleichswerte gibt, kann man auf das indirekte Vergleichswertverfahren ausweichen. In diesem Fall bestimmen Experte und Sachverständige den Immobilienwert an Hand von Verkäufen aus der Vergangenheit. Genutzt werden zu diesem Zweck in der Regel Datensätze, die Gutachterausschüsse sammeln und zur Verfügung stellen. Außerdem können die folgenden zusätzlichen Quellen genutzt werden:
-
Marktberichte
-
eigene Datensammlungen
-
kommerzielle Datenbanken
-
Fachzeitschriften
-
Ergebnisse aus Bieterverfahren
-
aktuelle Angebote vergleichbarer Immobilien
Aus den Daten erstellt der Experte eine Vergleichsgruppe an Immobilien bzw. Grundstücken. Anschließend werden Anpassungen vorgenommen, wenn wertbeeinflussende Merkmale vorliegen, in denen sich die zu bewertende Immobilie und die Vergleichsobjekte unterscheiden. Dabei ist zu beachten, dass die Immobilienbewertung vor Gericht nur standhält, wenn der Anpassungsfaktor unter 35 Prozent liegt.
Wann und wo kommt das Vergleichswertverfahren zum Einsatz?
Das Vergleichswertverfahren ist zwar grundsätzlich für alle Immobilienarten tauglich, wird aber bevorzugt für privat genutzten Wohnraum angewendet, da es Erträge aus Vermietung und Verpachtung nicht berücksichtigt. Das Verfahren wird vor allem bei Vermögensauseinandersetzungen im Zuge von Scheidungen, Erbschaften und Schenkungen zum Einsatz gebracht. Aber auch bei Immobilienversteigerungen wird es genutzt, um ein Mindestgebot festzulegen. Das Vergleichswertverfahren eignet sich unter anderem für die folgenden Objekte:
-
Grundstücke
-
Reihenhäuser
-
Doppelhaushälften
-
Einfamilienhäuser
-
Eigentumswohnungen
Welche Kriterien sind beim Vergleichswertverfahren zu berücksichtigen?
Um mit dem Vergleichswertverfahren einen realistischen Wert zu erhalten, benötigt man eine gute Datenbasis. Deshalb ist es wichtig, dass die Vergleichsobjekte ähnliche Parameter aufweisen wie die zu bewertende Immobilie. Bei Grundstücken kommt es auf den Erschließungsgrad, die Bodenbeschaffenheit, die Mikrolage und eventuelle Nutzungsbeschränkungen an. Folgende Fragen sind zu beantworten: Wie gut ist die Verkehrsanbindung? Besteht Zugang zum Telefon-, Strom-, Wasser- und Abwassernetz? Sind Altlasten im Boden vorhanden? Eignet sich der Boden für eine Neubebauung? Wie hoch sind die Luftemissionen und die Lärmbelastung? Bei Gebäuden kommen zu den Grundstückskriterien die Gebäudeeigenschaften hinzu: Art und Größe der Immobilie, Bauweise, Ausstattung, Restnutzungsdauer, eventuelle gesetzliche Verfügungsbeschränkungen, Nachbarliegenschaften. Die folgenden Fragen sind zu beantworten: Handelt es sich um eine Gewerbe-, Wohn- oder Sonderimmobilie? Wie groß ist die Wohn- bzw. Nutzfläche in Quadratmetern? Besteht das Gebäude aus einer Massiv- oder Holzbauweise? Wie ist die Energieeffizienz des Hauses einzustufen? Wie lange kann die Immobilie noch genutzt werden? Welche Innenausstattung ist vorhanden? Ist die Nutzung durch Grunddienstbarkeiten oder Denkmalschutz eingeschränkt? Hier die wichtigsten Kriterien auf einen Blick:
-
Erschließungsgrad
-
Bodenbeschaffenheit
-
Mikrolage
-
eventuelle Nutzungsbeschränkungen
-
Art und Größe der Immobilie
-
Bauweise
-
Ausstattung
-
Restnutzungsdauer
-
eventuelle gesetzliche Verfügungsbeschränkungen
-
Nachbarliegenschaften
Eine Beispielrechnung
Hier soll eine Beispielrechnung für das Vergleichswertverfahren gegeben werden. Dabei wird eine zu schätzende Immobilie mit den folgenden Parametern zugrunde gelegt: 62 Quadratmeter Größe, Baujahr 1999, ein Obergeschoss, mittlere Ausstattung, baujahrstypischer Zustand, keine Garage vorhanden. Durch die Vergleichswerte von Gutachterausschüsse wird eine Vergleichsgruppe an Objekten ermittelt, die ähnliche Parameter aufweisen. Unter Einbeziehung von Marktanpassungsfaktoren und Umrechnungskoeffizienten ergibt sich ein durchschnittlicher Wert von 2.000 Euro pro Quadratmeter. Folglich ergibt sich in diesem Fall ein vorläufiger Immobilienwert von 124.000 Euro. Um den endgültigen Wert zu erhalten, müssen noch individuelle Merkmale berücksichtigt werden, die wertsteigernd oder wertmindernd sind. Dabei kann es sich zum Beispiel um Kosten für anfallende Reparaturen oder Sanierungen handeln. Es kann aber auch sein, dass das Objekt über wertsteigernde Baumerkmale oder Ausstattungen, zum Beispiel einen Balkon, verfügt. Aus der Berücksichtigung dieser Faktoren ergibt sich der endgültige Verkehrswert. Wenn bei der Beispielimmobilie ein Renovierungsbedarf von 5.000 Euro besteht, würde hier der endgültige Verkehrswert bei 119.000 Euro liegen.
Die Vorteile des Vergleichswertverfahrens
Das Vergleichswertverfahren gilt als eine zuverlässige und realistische Methode der Wertermittlung, da es durch die Einbeziehung tatsächlicher Grundstücks- und Immobilienverkäufe die Marktlage berücksichtigt. Vor allen privat genutzter Wohnraum lässt sich auf diese Weise gut einschätzen. Das Verfahren liefert für Erbfälle, Versteigerungen, Gütertrennung oder Schenkungen einen realistischen Verkehrswert.
Die Nachteile des Vergleichswertverfahrens
Das Vergleichswertverfahren ist nicht geeignet, wenn die Datenlage an vergleichbaren Grundstücken und Objekten nicht ausreicht. Zudem lässt es sich auf komplexe Gebäude schlecht anwenden. Darüber hinaus verlangt das Verfahren eine präzise Einschätzung der jeweiligen Besonderheiten der Immobilie. Eine unzuverlässige Einschätzung verfälscht das Ergebnis noch mehr als beim Ertrags- und Sachwertverfahren. Bei vermieteten Objekten oder gewerblich genutzten Immobilien sollte das Ertragswertverfahren bevorzugt werden, da es die erzielbaren Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung einbezieht.